Militär Aktuell durfte kürzlich das Thales-Werk bei Limours südlich von Paris besuchen und sich vor Ort mit dem Potenzial und der Palette von Europas größtem Hersteller boden- und seegestützter Radare vertraut zu machen.

Rund 4.400 Radare sind es, die Thales bislang gebaut hat. Etwa ein Viertel davon war und ist in Frankreich im Einsatz, der große Rest bei ausländischen Kunden und etwa 100 Stück wurden auch von Unternehmen gemietet. Erfolgsfaktoren gibt es Thales zufolge gleich drei. Da wäre zum einen die Fokussierung auf Exportmärkte – in Verkauf und Fertigung. Vier von fünf Radaren lässt das Unternehmen im Ausland bauen. Ein zweiter wichtiger Erfolgsfaktor ist der Aufbau der Systeme auf Universalcontainern, die (abhängig vom Typ) ohne weitere Integration von Lkw transportiert und auch im Laderaum mittelgroßer Transportflugzeuge verlegt werden können.

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Der dritte große Erfolgspfeiler – und dieser ist wohl der wichtigste – sind die anspruchsvollen technischen Parameter, auf denen die Radare aufbauen. So entwickelte Thales als erstes Unternehmen Radargeräte mit Modulen auf Basis von Galliumnitrid (GaN)-Technologie. Aktuell hat man sich in Limours vor allem die zuverlässige Erkennung auch kleiner und langsamer Ziele wie Drohnen auf die Fahnen geschrieben. Von vielen Radaren werden die kleinen Flugobjekte nach wie vor mit Vögeln und Naturphänomenen verwechselt oder bleiben ganz unentdeckt. Dank fortschrittlicher Algorithmen und künstlicher Intelligenz wollen die Franzosen nun aber selbst kleine Drohnen aufspüren können, die sich im Bereich von Windparks verstecken, wo die Windturbinenblätter bislang jede Erkennung erheblich erschwerten.

Insgesamt arbeiten bei Thales 2.200 Mitarbeiter an Radargeräten, darunter 1.300 im Radar Center of Excellence. Die Produktion ist für ein Jahr vorgeplant, die Radare selbst werden dann in nur wenigen Wochen gebaut, mit einer Gesamtzeit von 24 Monaten zwischen Auftragserteilung und Lieferung. Dadurch konnte im Jahr 2024 allein die Produktion der Ground Master-Serie von einem System pro Monat auf zwei, also 24 Einheiten pro Jahr, hochgefahren werden. Zeitnah sollen es sogar drei Radare pro Monat werden.

Ground Master-Radare von Thales in der Fertigung – ©Georg Mader
Ground Master-Radare in der Fertigung. Das große GM 400 kommt auf eine Reichweite von 515 Kilometer.

Im Angebot hat das Unternehmen auch komplette Luftverteidigungssysteme: Kurzstrecken- beziehungsweise Nahbereichssysteme wie Force Shield und Mittelstreckentypen für SAMP/T, mit den Hauptzweigen Universal-, Luftüberwachungs- und Feuerleitradare. Weiters gehören auch Gegenbatterieradare (Artillerieradare) sowie Radare zur Beobachtung der Meeres- und der Landoberflächen zum Portfolio. Die Ground Master-Radarfamilie wird separat oder mit den Modellen GM 200 und GM 200 MM/A als Teil von Force Shield mit einer Reihe kompatibler Befehls-, Kommunikations- und Effektorlösungen angeboten.

Was das Mittelstreckensystem SAMP/T betrifft, ist jenes bereits bei den französischen und italienischen Streitkräften im Einsatz und mit Aster-Abfangraketen einer neuen Generation und den Multifunktionsradaren GF-300 von Thales (oder optional von Leonardo) ausgestattet. Deswegen sind beide Staaten auch nicht Teil von Sky Shield. Derzeit wird laut Thales an der modernisierten Version SAMP/T NG (Next Generation) gearbeitet, die in den kommenden Jahren als vollwertiges Anti-Access-System implementiert werden kann. Das System soll Ziele über mehr als 150 Kilometer treffen, aus 350 Kilometern omnidirektional erkennen – und weitere Vorteile bieten.

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Mithilfe netzwerkzentrierter High-End-Lösungen wollen die Franzosen einen sogenannten „Chamäleon-Effekt” erzeugen. Dabei erhalten die Kommandeure einzelner Batterien auch die Lagebilder anderer Batterien, um damit weitreichendere eigenständige Entscheidungen treffen zu können, die nicht mit Bezug auf das Oberkommando entwickelt werden müssen. Die Europäische Organisation für Rüstungskooperation (OCCAR) hat im Februar einen Vertrag über vier SAMP/T NG-Luftverteidigungssysteme für die italienische Armee unterzeichnet.

Noch nicht so weit ist man in Österreich: Die Thales-Manager sind aber an der im Juni herausgegebene Ausschreibung „Military Air Surveillance and Acquisition Radar Systems – Teilsystem Short Range Radar (SRR) verlegbar und mobil” dran. Das Verteidigungsministerium beabsichtigt demnach für das Bundesheer acht Systeme kurzer Reichweite in der Variante verlegbar, 14 Systeme in der Variante mobil einschließlich fünf abgesetzter Bedienarbeitsplätze zu beschaffen.

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Quelle©Georg Mader