Das United States Africa Command (AFRICOM) hat bekannt gegeben, dass Algerien bereits am 22. Jänner – also nur zwei Tage nach Donald Trumps zweiter Vereidigung – ein „historisches” Memorandum über Verteidigungskooperation mit den USA unterzeichnet hat.

Das Abkommen wurde in Algier zwischen US-General Michael Langley, dem Kommandeur von AFRICOM, und General Saïd Chengriha, dem Generalstabschef der algerischen Volksarmee, geschlossen. Es sieht eine intensivere militärische Zusammenarbeit, darunter Informationsaustausch und gemeinsame Ausbildung, vor.

©Militär Aktuell

Ein geopolitischer Wendepunkt

Der Begriff „historisch” ist nicht übertrieben: Algerien war bisher ein enger militärischer Partner Russlands, rund 85 Prozent seiner Rüstungsgüter kamen aus Moskau. Die Militärausgaben Algeriens sollen 2025 laut Bloomberg auf 24,2 Milliarden Euro steigen – die höchsten in Afrika. In den Landstreitkräften dominieren russische Panzer (rund 2.000 Stück), ebenso wie MiG-25, MiG-29, Su-24M/R, Su-30MKA und Jak-130 in der Luftwaffe. Auch die Marine setzt – mit Ausnahme zweier deutscher MEKO-Fregatten – fast ausschließlich auf russische und chinesische Überwasserschiffe und U-Boote.

Algerischer Su-30-Kampfjet – ©MoD Algeria
Algeriens Luftstreitkräfte bestehen beinahe ausschließlich aus russischen Modellen – im Bild eine Su-30MKA.

Noch im November 2024 galt Algerien auf der Zhuhai Airshow (-> China zeigt auf der Zhuhai Airshow seine neuen Flügel) als potenzieller Erstexportkunde für den russischen Tarnkappenjäger Su-57E. Doch nun setzen Algerien und die USA auf eine engere Zusammenarbeit, um den wachsenden russischen Einfluss in den Sahel-Staaten einzudämmen. Analysten vermuten, dass dies den schrittweisen Abschied Algeriens von Russland und das Ende der Su-57E-Verhandlungen bedeuten könnte.

Ein Begleittext zur Vereinbarung unterstreicht die strategische Bedeutung der Annäherung: „Angesichts wachsender Sicherheitsherausforderungen erweitert Algerien sein strategisches Partnernetzwerk. Die Unterzeichnung eines Verteidigungsabkommens mit den USA ist Teil dieser Dynamik, die auf eine Diversifizierung internationaler Kooperationen abzielt. Diese Annäherung – begleitet von erheblichen militärischen Investitionen – stärkt Algeriens Rolle als zentraler Akteur für regionale Stabilität.”

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Warum setzt Algerien diesen Schritt jetzt?

Die Sahelzone erlebt eine zunehmende Destabilisierung, während neue Machtverhältnisse entstehen. Algerien verfolgt dabei zwei Kernziele: Seinen regionalen Einfluss festigen und seine militärischen Kapazitäten ausbauen, um auf Bedrohungen an den südlichen Grenzen reagieren zu können.

Ein zentrales Problem: Russlands „Afrikakorps” und die Wagner-Miliz gewinnen in der Region an Einfluss. Militärjuntas in Mali, Burkina Faso und Niger, die mit Wagner kooperieren, erhalten modernste russische Waffen – darunter Kampfhubschrauber, Panzer und Jets. Laut General Langley, der bereits zum dritten Mal in Algier war, äußerte sich Präsident Abdelmadjid Tebboune besorgt über russische Söldneroperationen an Algeriens Grenze unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung.

Unterzeichnung des Memorandums – ©US Africa Command
Die Unterzeichnung des Memorandums wird als „historischer Schritt“ bezeichnet.

Zwist mit Frankreich – Annäherung an Trump

Ein weiterer Faktor: Algeriens Spannungen mit Frankreich. Der Streit eskalierte, als Präsident Emmanuel Macron im Juli des vergangenen Jahres die marokkanische Souveränität über die Westsahara anerkannte – ein seit Jahrzehnten umkämpftes Gebiet, in dem Algerien die separatistische Polisario-Front unterstützt. Diese Kehrtwende führte zu einer diplomatischen Krise zwischen Paris und Algier.

Algeriens Außenminister begründete die diplomatische Reduzierung Frankreichs als „deutliche Missbilligung” dieser Entscheidung. Die geopolitische Neuorientierung Algeriens sei daher auch eine direkte Reaktion auf den französischen Kurswechsel. Präsident Tebboune betonte gegenüber General Langley, dass die USA stets ein Fürsprecher Algeriens bei den Vereinten Nationen gewesen seien – ein klarer Wink in Richtung engerer US-Beziehungen.

Algerische Jak-130 – ©MoD Algeria
Lieferung eines Jak-130-Flugzeugs – insgesamt verfügen die algerischen Luftstreitkräfte über 16 Maschinen des Typs.

Was bringt das für die USA?

Für die USA und AFRICOM ist Algerien ein strategisch wertvoller Partner. Das Land besitzt nicht nur die stärkste Armee Nordafrikas, sondern auch diplomatischen Einfluss in der Region und langjährige Erfahrung in der Terrorismusbekämpfung.

Durch die Annäherung können die USA ihre Position in Nordafrika stärken, Russlands Einfluss in der Sahelzone eindämmen und sich Algeriens Energieressourcen und Wirtschaft als potenzielle Kooperationsfelder sichern.

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„Let’s make a Deal” – Geopolitik à la Trump

Noch 2022 forderte der damalige Senator und heutige US-Außenminister Marco Rubio, dass Algerien wegen seiner russischen Rüstungsdeals (unter anderem U-Boote mit ballistischen Raketen, Iskander-SRBMs, Waffen für knapp sieben Milliarden Euro) mit US-Sanktionen (CAATSA) belegt werden sollte.

Nun jedoch scheint sich die Strategie der Trump-Administration zu ändern. Statt Algerien zu bestrafen, versuchen die USA, einen der wichtigsten russischen Rüstungskunden auf ihre Seite zu ziehen – ein klares Zeichen einer neuen, pragmatischen US-Geopolitik.

Quelle©MENA, MoD Algeria, US Africa Command