Am 7. Oktober 2023 erlebte Israel sein persönliches 9/11. Die islamistische palästinensische Hamas, die 2006 bei den Wahlen demokratisch von der palästinensischen Bevölkerung mit absoluter Mehrheit an die Macht gewählt worden war, führte mit tausenden Raketen und Kämpfern einen Terroranschlag auf Israel durch. Rund 1.200 Menschen, vom Baby bis zur 90-jährigen Shoa-Überlebenden, wurden von den Terroristen abgeschlachtet.
Seither befindet sich Israel in einem Verteidigungskrieg. Bis heute wurden mehr als 26.000 Raketen aus Gaza, dem Libanon, dem Jemen und dem Iran auf Israel abgeschossen. 728 israelische Soldaten und Polizisten sind seit dem 7. Oktober im Antiterrorkampf gefallen, mehr als 4.000 wurden zum Teil schwer verwundet. Für Militär Aktuell sprach Patrick Huber mit Arye Sharuz Shalicar, Sprecher der Israelischen Verteidigungskräfte.
Herr Shalicar, danke, dass Sie sich an diesem 7. Oktober Zeit für uns nehmen. Könnten Sie uns generell etwas zur Struktur der israelischen Armee sagen, bitte.
Nun vorweg: Es kann sein, dass sich bestimmte Dinge in der Armee in den nächsten Jahren ändern werden als Konsequenz aus dem 7. Oktober 2023. Dieser Tag war ein Gamechanger. Der ganze Apparat, den wir über Jahre aufgebaut haben, der hat am 7. Oktober 2023 keine zeitnahe und präzise Antwort geben können, auf den Megaterroranschlag, der ausgeführt wurde wie eine Art Militäroperation. Wenn man die verschiedenen Wellen zusammenzählt sind an diesem Tag circa 6.000 Palästinenser, größtenteils bewaffnet, aus dem Gazastreifen nach Israel gekommen. Und wir haben darauf schlecht reagiert, muss man sagen. Deshalb ist es gut möglich, dass man innerhalb der Armee parallel zum Kriegsgeschehen auch anfängt, oder schon angefangen hat, zu überlegen, wie man sich anders aufstellen kann, um in Zukunft für alle möglichen Herausforderungen besser gerüstet zu sein. Nun zu Ihrer eigentlichen Frage: In Israel herrscht Wehrpflicht und zwar für Männer und Frauen. Leider nehmen nur circa 50 Prozent der Bürger Israels teil. Das liegt daran, dass es zwei Gruppen gibt, die davon ausgenommen sind: die ultraorthodoxen Juden und die arabischen Israelis, mit Ausnahme der Drusen, für welche die Wehrpflicht gilt. Doch Ultraorthodoxe und arabische Israelis machen schon 45 Prozent der Bevölkerung aus, und dann gibt es noch einige, die aus gesundheitlichen Gründen nicht tauglich sind. So kommt es, dass nur jeder zweite Israeli dient. Der Standard ist, dass Männer aktuell zweieinhalb Jahre Wehrdienst ableisten müssen. Das wird aber wahrscheinlich auf drei Jahre hochgefahren, wie früher. Frauen dienen derzeit im Schnitt etwas weniger als zwei Jahre, aber auch das wird wahrscheinlich verlängert. Wobei in vielen Einheiten, die spezielle Aufgaben übernehmen, zum Beispiel Kommandoeinheiten oder Ausbildungseinheiten von Anfang an Verpflichtungen von vier oder sechs Jahren üblich sind. Es gibt auch tausende ultraorthodoxe Juden und arabische Israelis, die freiwillig ihren Dienst in den israelischen Verteidigungskräften leisten.
„Manche, die nicht einberufen wurden, sind selbstständig zu ihren ehemaligen Kasernen gefahren und haben um Einberufung gebeten.“
Im Gegensatz zu anderen europäischen Armeen spielen in Israel die Reservisten eine große Rolle. Können Sie das näher ausführen?
Ja, das Heerr aus Berufssoldaten und Wehrpflichtigen ist relativ klein. Reservisten dienen in allen Bereichen, wirklich allen. Sie sind Ärzte, Pfleger, Fahrer, Köche, Infanteristen, Panzersoldaten oder Panzergrenadiere. Die relativ kleine Armee, das stehende Heer Israels, kann man mit einem Akkordeon vergleichen. Durch die Einberufung von Reservisten kann unsere Armee innerhalb kürzester Zeit die doppelte oder sogar dreifache Größe erreichen. Nach dem 7. Oktober wurden bis zu 400.000 Reservisten einberufen und das innerhalb weniger Tage. Die haben sich alle noch am gleichen Tag die Uniform angezogen und sind zu ihrer Einheit gefahren.
Sind auch in der Luftwaffe Reservisten im Einsatz? Schließlich sind Hubschrauber und Kampfjets hochkomplexe technische Geräte, die ständiges Training erfordern?
Da haben Sie recht, aber auch dort setzen wir auf Reservisten. Diese Leute stehen ganz normal im Berufsleben und fliegen in dieser Zeit zum Beispiel einmal wöchentlich als Pilot im Kampfjet. Seit dem 7. Oktober stehen sie mit ihren Kameraden Seite an Seite im Kampfeinsatz gegen den Terror.
Wie läuft so eine Mobilisierung von Reservisten in der Praxis ab?
Jede Einheit hat eine Offizerin, die zuständig ist für die Reservisten. Die hat Listen mit Namen. Jede Brigade, jedes Bataillon verfügt über so eine Offizierin. Je nach Situation werden die Männer und Frauen dann einberufen, gegebenenfalls auch in mehreren Wellen. Diese Reservisten sind in der Regel Soldaten, die eng mit der Einheit, in die sie eingezogen werden, verknüpft sind und die Einheit und die vorgesetzten Berufsoffiziere daher oft schon kennen. Die Einberufung der Reservisten erfolgt in der Regel per Anruf. Vereinzelt auch per SMS, aber zumeist per Telefon, vor allem bei wirklich wichtigen Funktionen. Das Risiko, dass eine SMS nicht ankommt oder übersehen wird, ist zu groß.
Haben Reservisten eigentlich ihre Waffe und die Uniform daheim?
Die Waffe bekommen Reservisten in aller Regel in der Kaserne, aber die Uniform hat jeder Mann und jede Frau daheim im Schrank hängen und immer griffbereit.
Wie sind Reservisten im Falle eines Einsatzes sozial abgesichert. Immerhin müssen sie ihren Job verlassen und wissen nicht, wann sie wiederkommen?
In der Regel ist der Staat sehr eng verknüpft mit der Industrie und den Arbeitgebern. Das heißt, dass der Arbeitnehmer, der als Reservist einberufen wird, sein Gehalt vom Staat weiter ausbezahlt bekommt. Teilweise gibt es sogar einen Bonus, vor allem für jene, die in besonderer Gefahr, also im Kampfdienst, sind. Man darf auch nicht vergessen, dass diese Boni nicht nur wegen der Gefahr gelten. Im Extremfall lässt man ja den Partner, die Partnerin und auch Kinder zurück, die teilweise auf sich gestellt sind. Es gibt auch Fälle, wo ganze Paare einberufen werden und die Kinder dann über Monate bei den Großeltern leben. Da muss der Staat natürlich unterstützen. Das funktioniert bei Angestellten gut. Ich habe aber bei Selbstständigen gehört, dass sie manchmal Probleme hatten, ihr durchschnittliches Monatsgehalt zu erhalten, weil der Staat mitunter das letzte Gehalt als Berechnungsgrundlage heranzieht. Es ist jedenfalls nicht immer ganz einfach.
Haben Sie konkrete Zahlen, wie viele im Ausland lebende Israelis nach dem Anschlag freiwillig nach Israel zurückgekehrt sind, um sich zur Armee zu melden?
Ich habe keine konkreten Zahlen dazu, aber mir sind solche Fälle bekannt, wo Israelis auf eigene Faust zurückgekommen sind und sich freiwillig gemeldet haben. Ich kenne auch solche, in denen die Armee Menschen einberufen hat, die zu diesem Zeitpunkt im Ausland waren und die sofort auf eigene Faust zurückgekommen sind, um in diesen schwierigen historischen Zeiten das Land zu verteidigen und die Geiseln „freizuboxen”. Was ich außerdem aus meinem eigenen Bekanntenkreis weiß, ist, dass manche, die nicht einberufen wurden, selbstständig zu ihren ehemaligen Kasernen gefahren sind und um Einberufung gebeten haben. Es gibt zehntausende Israelis, die nicht einberufen wurden, aber dienen wollen. Weil ihre eigenen Einheiten schon „voll” waren, unterstützen sie die Verteidigung Israels und den Kampf gegen den Terror jetzt an anderer Stelle. Ein Mitarbeiter von mir etwa packt in der Form mit an, dass er bei der Verpflegung der Soldaten auf dem Weg an die Front hilft.
Welche Rolle spielt eigentlich die Artillerie bei den Kämpfen?
Die Artillerie begleitet den Beschuss aus der Luft. Wir haben tausende Ziele, gerade im Fall der Hisbollah, gesammelt, die dann beschossen werden. Je nach Situation und Bedarf erfolgt der Beschuss eben aus der Luft oder durch die Artillerie.
Israel scheint eine besonders strikte Auslegung der Policy „Wir lassen niemanden zurück” zu verfolgen. Mitunter wurden in der Vergangenheit hundert oder sogar tausende Terroristen aus Gefängnissen freigelassen, um einen Soldaten oder seine Leiche zurückzubekommen. Warum ist das so?
Das ist der Bund, den der jüdische Staat mit seinen Bürgern eingegangen ist. Nach dem Motto: Alle für einen, einer für alle. Wir setzen alles daran, jeden wieder zu befreien, der in Not geraten ist. Besonders der Fall Gilad Schalit, für dessen Freilassung wir nach fünfeinhalb Jahren Geiselhaft im Austausch mehr als 1.000 palästinensische Terroristen, darunter den Chef der Hamas im Gazastreifen, zurückgegeben haben, zeigt wie wichtig uns unsere Leute sind. Die Terroristen verstehen, wie wir funktionieren und wie wichtig uns das ist (Anmerkung: gemeint ist, dass die Terroristen dieses Wissen oft ausnutzen, um zum Beispiel mehr inhaftierte Straftäter freizupressen).
Wie lange befinden sich Soldaten im Schnitt im Kampfeinsatz, ehe sie zur Erholung aus der Front herausgelöst und auf Erholung geschickt werden?
Es gibt keine genaue Einsatzdauer. Es sind ja verschiedene Einheiten im Einsatz. Ein Dienst kann mehrere Monate dauern, im Schnitt zwei bis vier Monate. Aber in der Regel versucht man, besonders bei den Reservisten, eine Pause zu ermöglichen. Es gibt Reservisten, die in den vergangenen zwölf Monaten dreimal zum Kampfdienst berufen wurden, jeweils für drei Monate. Das ist individuell und bedarfsorientiert. Im Gazastreifen ist der Kampf im Nordteil wieder aufgenommen worden und dieser Kampf in einer Region, wo wir zum dritten Mal reingegangen sind, ist ein ganz anderer Kampf als im Süden, wo wir durchgehend im Einsatz sind.
Kriege sind immer traumatisch für die Soldaten. Gibt es eigentlich eine psychologische Betreuung für die israelischen Verteidiger?
Es gibt innerhalb der Einheiten stets ein De-Briefing mit dem eigenen Kommandeur und sowohl innerhalb der Armee als auch im Nachhinein kann man jederzeit eine psychologische Unterstützung anfordern. Am Ende ist unsere Stärke, um diese Situation managen und gewinnen zu können, nicht nur Technologie und Waffen, sondern in erster Linie der Mensch. Und dieser Mensch muss gesund und mit klarem Kopf in diese schwere Situation hineingehen und soll so wenig wie möglich Schaden davontragen.
Israel kämpft primär an zwei Fronten, in Gaza und Libanon. Welche ganz konkreten militärischen Ziele werden dort verfolgt?
Wir befinden uns aus meiner Sicht in einem Acht-Fronten-Krieg: Gaza, Libanon, Syrien, Irak, Yemen, Iran, Westbank und „Israel Proper”, wie ich es nenne. An der letztgenannten Front stehen in erster Linie Polizei und Grenzpolizei. Denn man sieht, dass nicht wenige Israelis durch Terror innerhalb Israels getötet wurden, zuletzt der Terror in Jaffa, wo zwei Palästinenser sieben Israelis erschossen oder gestern, wo ein Araber eine Grenzsoldatin in einem Schnellrestaurant tötete. In Gaza gibt es zwei ganz zentrale Ziele: Erstens wollen wir die 101 Geiseln zu befreien. Wir wollen sie zurück haben. Und unser Ziel Nummer zwei: Die Hamas darf nach dem Krieg nie wieder imstande sein, im Gazastreifen zu regieren oder einen 7. Oktober, wie sie es ja bereits angekündigt haben, zu wiederholen. Auch bei der Hisbollah ist es eigentlich recht einfach. Israel will nur, dass die UN-Resolutionen 1559 und 1701 durchgesetzt werden. Die sagen, auf den Punkt gebracht, dass die Hisbollah im Libanon sich nicht als Terrororganisation positionieren darf und dass es südlich des Litani-Flusses generell keine bewaffneten Gruppierungen geben darf. Deshalb wurde auch UNIFIL ins Leben gerufen, tausende UN-Soldaten, die seit Jahren im Süden Libanons stationiert sind und bisher aber rein gar nichts dazu beigetragen haben, dass die Hisbollah den Süden des Landes nicht infiltriert. Jedes zweite bis dritte Haus in nahezu jedem Dorf im Südlibanon wird im Endeffekt als militärische Infrastruktur der Hisbollah genutzt. Das ist ein klarer Verstoß gegen die UN-Resolutionen. Da fragt man sich schon, wofür es sie gibt und warum die Welt so viel Geld für UNIFIL investiert, wenn die Soldaten am Ende nichts dafür getan haben, dass Israel nicht beschossen wird. Seit dem 8. Oktober 2023 sind mittlerweile über 10.000 Raketen und Drohnen allein aus dem Libanon auf Israel abgefeuert worden. Wir sehen die Terrorinfrastruktur der Hisbollah ober- und unterirdisch im Rahmen unserer begrenzten Operation, die wir seit einiger Zeit durchführen. Die unterirdische Infrastruktur wurde dort nur mit einem Ziel angelegt: Israel zu infiltireren und ein Massaker a la 7. Oktober durchzuführen. Man kann sagen, dass die Hamas der Hisbollah am 7. Oktober des Vorjahres die Schau gestohlen hat.
„Die unterirdische Infrastruktur wurde dort nur mit einem Ziel angelegt: Israel zu infiltireren und ein Massaker a la 7. Oktober durchzuführen.“
Die Bevölkerung von Gaza ist in großen Teilen ohne jeden Zweifel antisemitisch. Sie hat die Hamas nicht nur gewählt, sondern auch aktiv unterstützt und den Terror vom 7. Oktober vor laufenden Kameras bejubelt. Wie kann Israel vor diesem Hintergrund überhaupt zwischen echten Zivilisten und Terroristen unterscheiden?
Das ist ein zentrales Element der asymmetrischen Kriegsführung. Wir versuchen das so gut es geht. Sehr viele Hamas-Terroristen sind in Zivil unterwegs. Sie sind nicht als militärische Kämpfer erkennbar. Auch der größte Teil der Terroristen, die am 7. Oktober über die Grenze kamen, waren in zivilen Klamotten unterwegs. Sie operieren von Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern aus. Ihre Waffendepots sind in Küchen, Kinderzimmern und Moscheen versteckt. Das macht das Ganze extrem schwierig. Israel versucht einerseits alles, um Zivilisten zu verschonen, und das Völkerrecht bestmöglich zu achten, egal, ob die Zivilisten Hamas-Anhänger sind oder nicht. Gleichzeitig setzen wir alles daran, identifizierte Terroristen gezielt anzugreifen.
Wie schützen Sie die Zivilbevölkerung?
Wir haben viele Millionen Flugblätter abgeworfen, auf denen wir unsere Angriffe angekündigt haben, SMS verschickt und unsere arabischsprachigen Kameraden haben sogar Familien direkt angerufen.
Dadurch haben Sie aber natürlich auch Terroristen die Möglichkeit gegeben, den bevorstehenden Angriffen zu entkommen.
Das ist die Kehrseite der Medaille. Aber diesen Preis sind wir bereit zu zahlen, um Zivilisten zu schützen und der Welt zu zeigen, dass Israel so sauber wie möglich operiert. Wir haben außerdem im Gazastreifen eine große humanitäre Zone eingerichtet, westlich von Khan Junis, wo die Menschen regelmäßig hinfliehen können und wo sie mit Lebensmitteln und medizinischer Betreuung unterstützt werden. Natürlich haben es vor allem Familien mit Kindern nicht einfach in diesen Tagen. Doch am Ende hat die eigene Führung, die Hamas, sie in diesen Dreck, in diese Situation gezogen. Im Gazastreifen wurden leider so gut wie alle Krankenhäuser von den Terroristen als Stützpunkte missbraucht. Es gibt Aufnahmen, die zeigen, wie israelische Truppen aus Krankenhäusern heraus beschossen werden. Es gab Zimmer, in denen Waffen gelagert wurden und vieles mehr. Wir haben das alles durch Foto- und Videoaufnahmen belegt, teilweise haben wir diese Beweise auch schon im Internet veröffentlicht. Wir sind auch aus Moscheen, Kindergärten und Schulen beschossen worden. Aber eine Schule ist keine Schule, nur weil dort Schule drauf steht, wenn dort seit einem halben Jahr keine Schüler drinnen sind und die einzigen, die dort unterwegs sind, Terroristen sind. Und wenn schon vielen Österreichern, Deutschen und Schweizern internationales Recht so wichtig ist, dann sollten sie auch wissen, dass laut Kriegsrecht eine Infrastruktur, die von Militärs oder Terroristen als Operationsbasis benutzt wird, als legitimes Ziel anzusehen ist. Das heißt: Eine Schule ist keine Schule mehr, ein Krankenhaus ist kein Krankenhaus mehr. Nicht weil Israel das wollte, sondern weil die Terroristen ihre Einsätze von dieser Infrastruktur aus führen. Das ist asymmetrischer Krieg. Wir kämpfen gegen Terroristen, die in Zivil aus ziviler Infrastruktur gegen uns vorgehen. Wenn übrigens das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza Zahlen über Opfer veröffentlicht, dann sprechen sie NIE von Terroristen, sondern immer wieder von angeblichen „zivilen” Opfer. Man darf nicht vergessen: Das Gesundheitsministerium von Gaza ist die Hamas.
Islamisten verbreiten antijüdische Propaganda, für die vor allem junge Muslime empfänglich sind. Inwieweit ist das ein Problem?
Ja, das ist ein Problem. Es ist einerseits die Hamas selbst, die mit ihren „Pallywood”-Videos (Anmerkung: „Pallywood” ist ein Kofferwort, das aus den beiden Begriffen H„ollywood” und „Palestine” zusammengesetzt ist) und gefakten Opfervideos Hass gegen Israel schürt. Andererseits hetzen auch das islamische Regime im Iran und die Hisbollah aus dem Libanon antisemitisch gegen Israel. Im vergangen Jahr verbreitete auch der türkische Präsident Erdogan massiv antijüdische Hetze auf Türkisch. Dabei kommen übrigens nicht nur echte Aufnahmen, sondern auch Videos und Fotos, die mit künstlicher Intelligenz produziert wurden, zum Einsatz.
Israel hat den arabischen Nachrichtensender Al Jazeera verboten. Das hat vor allem in linken Kreisen in Europa und in der muslimischen Welt für Kritik gesorgt. Sichtworte Pressefreiheit und Zensur.
Al Jazeera ist uns bestens bekannt. Einige der sogenannten „Journalisten” von Al Jazeera waren vor Ort beim Massaker vom 7. Oktober und es waren auch Terroristen der Hamas als Journalisten getarnt. Es gibt Hamas-Mitglieder, die Doppelidentitäten haben. Einige sind Lehrer bei der UNRWA, Krankenschwestern, Ärzte, und so weiter. Sie haben einen normalen Job, gleichzeitig jedoch eine Schattenidentität als Terrorist für die Hamas.
Welche Rolle spielen Frauen bei der Hamas?
Leider haben selbst Mütter keinen kleinen Anteil daran, ihren Söhnen antisemitisches Gedankengut in den Kopf zu setzen. Auch Frauen laufen in diesem antisemitischen Terrorwahn mit. Man sieht das leider ebenfalls sehr gut auf den Straßen in Deutschland, Österreich oder Amerika, wo Frauen auf den pro-Terror-Kundgebungen mitlaufen. Und das sage ich bewusst so, das sind KEINE pro-palästinensichen Demonstrationen, sonder pro-Terror-Veranstaltungen. Dort sind nicht wenige Frauen. Auch in der Waffenproduktion im Gazastreifen sind Frauen aktiv. Es gibt Videomaterial, wo man Frauenhände erkennen kann. Al Jazeera wurde letzten Endes deshalb verboten, weil es nichts anderes ist als ein verlängerter Arm der Hamas-Terror Organisation und als Sprachrohr für die Hamas gedient hat. Irgendwann ist es genug.
Es gab den bereits erwähnten Terroranschlag bei der Straßenbahnhaltestelle in Jaffa. Lev Kreitmann, ein Reservist auf Fronturlaub, der bereits am 7. Oktober Menschen gerettet hatte, saß in einem Café, hatte seine Waffe dabei, neutralisierte die zwei Terroristen heldenhaft. Wie ist es generell mit dem privatem Waffenbesitz in Israel?
Privater Waffenbesitz existiert, insbesondere für Menschen, die in bestimmten Positionen sind oder an einem Ort wohnen, wo sie in unmittelbarer Gefahr leben. Man kann einen Waffenschein beantragen. Das kann jeder so handhaben wie er möchte.
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Man hört in Israel immer wieder den Begriff „Lone Soldier”. Was bedeutet das?
Damit werden Juden bezeichnet, die woanders aufgewachsen sind, aber in Israel ihren Dienst in der Armee ableisten. Sie haben keine Familie hier. Ich war auch einmal ein „Lone Soldier”. Meine Eltern waren in Deutschland, ich in Israel beim Heer. Auch Israelis, die hier geboren wurden, aber deren Eltern zum Beispiel gestorben oder krank sind, werden ebenfalls so bezeichnet, weil sie besondere Unterstützung brauchen und niemanden haben.
Israel wird vor allem von linken und muslimischen Kreisen wegen seiner Militäroperation in Gaza als Reaktion auf den Terror vom 7. Oktober immer wieder Völkermord vorgeworfen. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Diese Lügen und Propagandastimmen kennt man. Die kommen auch immer aus ähnlichen Ecken. Aber diejenigen, die sich wirklich mit asymmetrischem Krieg auskennen, wissen, dass es nur einen einzigen Genozidversuch gab. Das war am 7. Oktober, als palästinensische Terroristen nach Israel eingedrungen sind und hier willkürlich alles niedergemetzelt haben, was ihnen in den Weg kam: Alte, Frauen, Kinder, Araber, Gastarbeiter, Babys, Thailänder, … .Alle wurden ermordet oder als Geiseln genommen. DAS war ein Genzoid. Was Israel tut, ist einen Selbstverteidigungskrieg zu führen. Sehen wir uns die Zahlen im Detail an. Wir reden hier in Gaza von 40.000 Getöteten laut Hamas. Im Gegensatz dazu gehen wir in Israel von rund 20.000 getöteten Terroristen aus. Das sind verifizierte Zahlen, die wir von den Truppen und den Geheimdiensten haben. Tausende dieser Terroristen haben wir auch über die IDF-Plattformen beim Namen genannt und teilweise sogar Fotos von ihnen veröffentlicht. Das ist alles nachvollziehbar. Falls es aber wirklich stimmen sollte, dass in Gaza 40.000 Menschen insgesamt ihr Leben verloren heben, dann wäre das eine Quote von 1 zu 1. Ein toter Terrorist, ein toter Zivilist. Es gibt keine einzige Armee auf der ganzen Welt, die in irgendeinem Krieg der Welt jemals so eine „gute” Quote hatte.
Von der UN über verschiedene Politiker bis hin zu einflussreichen muslimischen Influencern ist immer wieder zu hören, dass in Gaza eine Hungersnot herrsche. Trifft das aus Ihrer Sicht zu und was tut Israel, um die Not der unschuldigen Zivilisten zu lindern?
Schon einen Tag nach Kriegsausbruch wurde von Hungersnot und Völkermord gesprochen. Beides ist weit entfernt von der Realität. Täglich werden hunderte Lastwagen mit Essen, Trinken und dringend benötigten Hilfsgütern in den Gazastreifen reingelassen, nachdem sie von israelischem Sicherheitspersonal kontrolliert worden sind.
Welche Rolle spielen arabischsprachige israelische Soldaten?
Es gibt tausende freiwillige Araber (Christen und Muslime, Beduinen) und jene, die verpflichtend dienen, die Drusen. Sie dienen in verschiedensten Einheiten, vom Militärgeheimdienst bis zur Infanterie. Ihre Sprachkenntnisse sind von großer Bedeutung.
Eine abschließende Frage: Welche Bedeutung haben die Kommandoeinheiten wie die legendäre Sayeret Matkal in diesem Konflikt?
Eine große. Sie sind zum Beispiel bei besonderen Operationen, sowohl in Sachen Angriff als auch bei Geiselbefreiungen im Einsatz.