In dieser Serie werfen wir alle zwei Wochen einen Blick auf 5 aktuelle Konflikte, Krisen und Ereignisse weltweit. Dieses Mal im Fokus: Moskau begrüßt den Rechtsruck in Frankreich, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg über Waffenlieferungen an Kiew und wie sie Frieden bringen können und wie Schockwellen von Kanonenschlägen US-Soldaten in Syrien schädigten.

Ereignis #1: Le Pen triumphiert, Moskau applaudiert

Bei den Wahlen für das europäische Parlament fuhr Marine Le Pen’s „Rassemblement National” (RN) in Frankreich einen historischen Sieg ein. Ihre Partei erhielt 31 Prozent der Stimmen, mehr als doppelt so viel, wie die Partei von Präsident Emmanuel Macron.

Bundesheer: Embraer-Beschaffung rückt näher

Die rechtsnationale Le Pen hat sich zwar zu Beginn des Ukraine-Krieges (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) von Moskau distanziert, stimmte aber immer wieder gegen Russland-Sanktionen und sprach sich gegen Waffenlieferungen an Kiew aus. Der RN will mehr Kompetenzen von Brüssel auf die nationalstaatliche Ebene verlagern und dadurch die Staatengemeinschaft schwächen. Auch die EU-Erweiterung Richtung Balkan komme für die rechtsnationale Partei nicht infrage.

Wenig überraschend begrüßte Moskau den Zugewinn der französischen Rechten und rechter Fraktionen im EU-Parlament. Ein Artikel des Magazins Politico zeigt die russischen Reaktionen auf die Wahlen am 9. Juni.

©Militär Aktuell

Ereignis #2: Stoltenberg: „Je mehr wir glaubwürdig kommunizieren, dass wir die Ukraine langfristig unterstützen, desto eher endet der Krieg.”

In einem Interview mit dem NDR-Podcast Streitkräfte und Strategien zeigte sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine durch den Westen vorsichtig optimistisch. Dass Washington nun ein 61 Milliarden US-Dollar (56,8 Milliarden Euro) schweres Hilfspaket auf den Weg gebracht habe, sei ein wichtiger Schritt, so Stoltenberg.

Bei den europäischen Verbündeten seien die Waffenbestände bisher zu klein und die Produktion zu gering gewesen, um zugesagte Mengen an Kiew zu liefern. Aber auch das ändere sich, weil die Produktion in Europa gesteigert werde.

„Verlässliche Militärhilfe für die Ukraine ist daher der einzige Weg zum Frieden.“

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg

Genug sei das aber noch nicht. „Je mehr wir in glaubwürdiger Weise kommunizieren und auch zeigen können, dass wir bereit sind, die Ukraine langfristig zu unterstützen, desto eher kann dieser Krieg enden”, sagt Stoltenberg. Denn noch glaube Russlands Präsident Wladimir Putin, dass er den Westen aussitzen könne. Erst wenn der Kreml erkennt, dass er das nicht kann, werde das seine Bereitschaft erhöhen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, so Stoltenberg. „Verlässliche Militärhilfe für die Ukraine ist daher der einzige Weg zum Frieden.”

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Ereignis #3: Expertin für politischen Islam: Strahlkraft islamistischer Influencer enorm

Etwa tausend Islamisten der Gruppe Muslim Interaktiv zogen Ende April durch Hamburg und forderten die Einführung eines Kalifats. Die Empörung in Deutschland war groß. Doch die Demo war nur die Spitze einer Bewegung, die vor allem in den sozialen Medien Stimmung für ihre Vision einer islamistischen Diktatur macht. Die Strahlkraft islamistischer Influencer sei enorm, sagt Lisa Fellhofer, Direktorin der Dokumentationsstelle für Politischen Islam in unserem 5-Fragen-an Interview zum Thema.

Ereignis #4: Modi’s dritte Amtszeit: Indien setzt Weg strategischer Autonomie fort

Nach sechswöchigen Wahlen wurde Narendra Modi zum dritten Mal als Premierminister Indiens wiedergewählt. Zwar hat er nicht mehr die absolute Mehrheit und ist auf Koalitionspartner angewiesen. An Modis außenpolitischen Kurs der strategischen Autonomie dürfte das aber wenig ändern, so das Magazin Time in einer aktuellen Analyse.

Dieser Strategie folgend verurteilte Indien die russische Invasion in der Ukraine nicht und hielt, zum Missfallen der USA, seine Handelsbeziehungen mit Moskau aufrecht. Gleichzeitig vertiefte Neu Dheli die Sicherheitsbeziehungen zu Washington – was wiederum Peking und Moskau Sorgen bereitet.

US-Präsident Joe Biden und Indiens Präsident Narendra Modi – ©The White House
Das Beste aus mehreren Welten: Der alte neue indische Präsident Narendra Modri orientiert sich auf der Suche nach Partnern (im Bild mit US-Präsident Joe Biden) in alle Richtungen.

Indien kann für Washington und gleichgesinnte Verbündete ein wertvoller Partner sein, der China die Stirn bietet. Indiens wachsender globaler Einfluss und seine Bemühungen, den globalen Süden im Sinne einer multilateralen Weltordnung zu stärken (-> Interview mit Bundesheer-Oberst Markus Reisner zu den wachsenden Auseinandersetzungen zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden), lässt aber in den USA die Alarmglocken schrillen.

Durch diese Balanceakte spanne Indien den Bogen zwischen den konkurrierenden Lagern und positioniere sich als Brücke und potenzieller Vermittler, so das Time-Magazin. Diese Strategie gepaart mit einer steil wachsenden Wirtschaft könnte Indien den Weg zu einer geopolitischen Großmacht bereiten.

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Ereignis #5: US-Marines nach Syrien-Einsatz: Halluzinationen und Panikattacken

Seit ihrem Einsatz in Syrien 2016 und 2017 leiden zahlreiche US-Marines unter Halluzinationen, Panikattacken und Depression. Einige drifteten in die Obdachlosigkeit ab, andere begingen Selbstmord oder versuchten es, berichtet die New York Times.

Allen gemeinsam ist, dass sie in Artillerie-Einheiten dienten, die im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) zehntausende Geschossen abfeuerten – nach Ansicht von Experten weit mehr Geschosse pro Besatzungsmitglied als jede amerikanische Artilleriebatterie seit dem Vietnamkrieg abgefeuert hatte. Bisher ging man davon aus, dass die Druckwellen der abgefeuerten Geschosse für den Körper unbedenklich seien. Doch diese Einschätzung dürfte falsch gewesen sein.

Jeder Kanonenschlag löst eine Schockwelle aus, die mit der Geschwindigkeit von Cruise Missiles durch das Gehirn peitsche, so die New York Times. Wie Untersuchungen zeigen, führte das bei einer hohen Anzahl der Marines zu traumatischen Hirnverletzungen.

Hier geht es zu „5 Sichten auf die Welt #003”: Was war? Was ist? Was wird?
Themen: Der Tod von Irans Präsident Raisi, Putins Angebot zu Friedensverhandlungen mit Kiew und die zunehmende Kritik an Israels Gaza-Offensive.

Hier geht es zu „5 Sichten auf die Welt #005”: Was war? Was ist? Was wird?
Themen: Andauernder Beschuss, verschärfte Rhetorik – droht ein neuer Libanon-Krieg? Moskau und Pjöngjang erneuern Militärpakt aus der Zeit des Kalten Krieges, Israel ruft Ultraorthodoxe zur Waffe.

Quelle©Office of U.S. Ambassador to NATO, Tim Mossholder auf Unsplash